Montag, 12. Oktober 2020

Schweiz? Österreich? Oder doch Argentienien? - Patagonien!

Guten Morgen! Blauer See und grüne Berge - nach einer Fahrt durch die Nacht könnte die Überraschung nicht größer sein. Die letzten Kilometer nach Bariloche führen durch Nadelwälder am See entlang. Die Häuser sind aus Holz oder Stein und ganz im alpenländischen Stil erbaut. Die Schilder entlang der Straße verweisen auf Bierbrauereien und Schokolade.

Der Ort ist Heimat des größten Skigebiets von Südamerika, und die Skidorf-Atmosphäre ist auch im Sommer gegenwärtig. Die Läden des Ortes verkaufen entweder Outdoor-Ausrüstung oder Schokolade und bieten diese auch großzügig zum Probieren an - ein Einkaufsbummel mit Schokotasting - nicht schlecht! Gleichzeitig ist die Stadt angenehm ordentlich und gut zu Fuß zu erlaufen.

Blick vom Cerro Campanario
Ein gutes Busnetz verbindet aber auch die Vororte mit der Stadt. Mein Couchsurfer wohnt in einem dieser Vororte, die sich entlang des Seeufers ziehen und zeigt mir eine der schönsten Kurzwanderungen in Bariloche - der Cerro Campanario bietet den perfekten Blick über die Seenlandschaft um Bariloche. In ca. 1h Stunden ist man oben, alternativ fährt eine Seilbahn. Begleitet werden wir von Straßenhunden, die es sich hier zur Aufgabe gemacht haben, Wanderer treu zu begleiten.

Blick vom Cerro Campanario



 
Rund um Bariloche gibt es eine unglaubliche Vielzahl toller Wanderwege. Einen davon, den Weg zum Refugio Frey, habe ich ausprobiert. Eine wunderschöne, und vielseitige Tagestour von 24 km. Start im frischen Frühlingsgrün, Ziel im winterlichen Schneetreiben.

Laguna am Refugio Frey
 
 
 
Mit dem stündlich fahrenden Bus kommt man von Bariloche nach Villa Catedral, dem Eingang zum  Skigebiet. Dort startet die Wanderung über sehr gut ausgebaute federnde Pfade durch grünes Strauchwerk und über einige Bäche. 
Refugio Frey
 
 
 
 
 
Dann geht es bergan durch Laubwald und entlang eines Baches bis man irgendwann die Baumgrenze erreicht. Von hier ist es nicht mehr weit zum Refugio. Direkt davor noch ein kleines Schneefeld und da steht die Berghütte und lädt zu einer Rast im Warmen ein. Von innen hat man einen super Blick über die vereiste Lagune, wie passend, denn plötzlich fängt es heftig an zu Schneien.
Aufwärmen im Refugio
Und da wartet mal wieder eines der wunderbaren Erlebnisse für die diese Reise durch Südamerika steht: In der kleinen, unbewirtschafteten Hütte kann sich jeder frei am heißen Wasser und Geschirr aus der Küche bedienen. Ich setze mich und mache Tee und komme mit den anderen in der Hütte ins Gespräch. Ein schwules spanisches Pärchen schnabuliert gerade Empanadas und bietet mir prompt welche an. Wir unterhalten uns bis es aufhört zu schneien. Auf dem Rückweg haben wir zufällig das gleiche Tempo und kommen zusammen wieder am Parkplatz an. Und nach den leckeren Empanadas gibt es nun sogar noch eine Rückfahrt nach Bariloche für mich :-) Solche Begegnungen mit Menschen sind die Vorzüge des Alleinreisens!

Calwer Stollen mitten in Argentinien
Doch nun geht es weiter in das Hippie-Refugium Südamerikas schlechthin. Wahrscheinlich der sicherste Ort auf dem ganzen Kontinent ist El Bolsón. Hier haben sich seit Jahren alternative Lebenskünstler zu einer bunten, fröhlichen Community vereint. Werbeschilder bewerben hier hauptäschlich Massagen, Meditationen und hausgemachte Marmelade (z.B. von dreierlei Arten Brombeeren). Durch meine Couchsurfing-Gastgeber bekomme ich ganz besondere Einblicke in das lokale Leben. Das argentinisch-kolumbianische Paar bietet geführte Meditationen an und ich darf teilnehmen. Außerdem besuchen wir zusammen ein Familienstellen. Ein Urlaubserlebnis der anderen Art, aber auf seine Weise auch sehr spannend und vor allem entspannend!
Der Markt von El Bolsón ist selbstverständlich voller Kunsthandwerk und selbstgemachten Lebensmitteln in europäischer Tradition - sogar einen Stand mit Stollen und Früchtebrot gibt es, von einer Calwerin gemacht und verkauft.

Auch die Umgebung von El Bolsón eignet sich hervorragend zum Wandern. Mit dem Bus kommt man in ca. 20 Minuten nach Puelo. Am Ortseingang startet die Wanderung zum Pasarela, einem Grenzübergang nach Chile, der nur zu Fuß zu erreichen ist. Bis ganz dorthin schaffe ich es nicht, aber bis zur Gendarmeria, dem letzte Polizeiposten vor der Grenze. Insgesamt 26 km durch märchenhafte Wälder, Wiesen und Weiden. Unterwegs trifft man hauptsächlich Pferde, Schafe und Kühe, einige aufgeregte Hunde aber keine Menschen. Der Weg ist von Blumen gesäumt und führt hauptsächlich über Trampelpfade quer durch die Wiesen.
Die Gendarmeria - letzte Polizeistation vor Chile
Und das Ziel, die abgelegene Gendarmeria ist ein ganz besonderer Polizeiposten: Begrüßung durch einen Hahn, ein Gärtner und ein Polizist bei der Feldarbeit und ich setze mich zum Mittagessen auf den Steg der Polizeistation - keinen stört es ;-)


Nach diesem Abstecher ins grüne Hippieland geht es zurück in die raue argentinische Wirklichkeit. Mit dem Bus Richtung Norden - auf zum nächsten Job!
Eine lange Fahrt steht an, erst zurück nach Bariloche. Dann einige Stunden bis nach San Martin de los Andes und von dort, mitten in der Nacht, nach Zapala. Es ist 2 Uhr morgens. Nicht gerade eine gute Zeit um in einem südamerikanischen Busterminal anzukommen... Am nächsten Morgen treffe ich hier meine neuen Kollegen um gemeinsam zur Ranch "Ranquilco" aufzubrechen. Eigentlich wollte ich die Stunden bis dorthin tatsächlich im Busterminal überbrücken. Doch bei ca. 4°C und einigen merkwürdigen Gestalten die sich auf den Bänken ausgebreitet haben... 
Nunja, zum Glück liegt das Hotel in dem meine künftigen Kollegen wohnen nur 100m vom Terminal und auch hier wieder ein Beispiel der gastfreundlichen Südamerikaner! Die Nachtportierin lässt mich ein und ich darf auf einem Sofa im Gemeinschaftsbereich des Hotels übernachten. Am nächsten Morgen bekomme ich sogar noch einen kostenlosen Kaffee. Kann sich das jemand in einem deutschen Hotel vorstellen? Nein? Ich auch nicht!
 
Die Ranch liegt als quasi um die Ecke ;-)
Mehr dazu im nächsten Post!




Noch ein kurzes Rezeptupdate der südamerikanischen Küche:

Die Menschen in El Bolsón sind größtenteils Verfechter der vegetarischen / veganen Küche und das Essen bei den Couchsurfern hier ist nicht nur fast ausschließlich vegetarisch und glutenfrei sondern auch bio und lokal. Trotzdem gibt es ein exotisches und fleischhaltiges Rezept zum Abendessen: Die Sopa Paraguaya. Der Name täuscht, es handelt sich nicht um eine Suppe, sondern um einen sehr leckeren Auflauf:

Sopa Paraguaya

Zutaten:
Für den Teig:
500 g Maismehl
5 Eier
100 g Butter
200 g Frischkäse
2 Zwiebeln
100 ml Milch
Für die Füllung:
500 g Hackfleisch
2 Zwiebeln
1 rote Paprika
2 Zehen Knoblauch
Salz, Pfeffer, Kreuzkümmel & frische Petersilie

Zubereitung:
Zuerst wird die Füllung vorbereitet. Hierzu Petersilie, Zwiebel und Knoblauch fein hacken. Die Paprika in kleine Stücke schneiden. Zwiebel und Knoblauch in einer Pfanne leicht bräunen, das Hackfleisch und die Paprika hinzugeben und anbraten. Mit den Gewürzen abschmecken und beiseitestellen.
Für den Teig die Butter aufschlagen und die Eier nach und nach hinzugeben. Dann den Käse hinzugeben und weiter kräftig schlagen. Die gehackten Zwiebeln hinzugeben. Das Maismehl abwechselnd mit der Milch unter die Masse mischen, bis diese eine sehr zähflüssige Konsistenz hat. Mit Salz abschmecken.
Nun den Ofen auf 180°C heizen.
In eine Auflaufform ca. die Hälfte der Teigmasse geben. Diese für 5 Minuten im Ofen backen um sie etwas auszutrocknen. Dann die Füllung darauf geben und darüber die zweite Hälfte des Teiges. Den Auflauf für ca. 30-40 Minuten backen, bis er eine leicht goldene Kruste bekommt.

Viel Spaß bei dieser kulinarischen Exkursion nach Paraguay!